Wettbewerb Visitor Center Oberes Belvedere, Beitrag
Die komplexen und vielfältigen Vorgaben im Raumprogramm mit unterschiedlichen Raumgrössen und Raumtypologien sowie deren interne Beziehungen und Bedienungsmöglichkeiten sollen in ein klares Gesamtkonzept übersetzt werden ohne das hochbarocke Gesamtkunstwerk der Schlossanlage mit seiner wirkungsvollen Gebäude- und Gartenarchitektur zu beeinträchtigen. Vorherrschendes Motiv des Entwurfes ist es daher das bestehende Gebäudeensemble mit der attraktiven Aussenwirkung nahezu unberührt zu belassen.
Einziger nach aussen sichtbarer Eingriff in die Substanz des Kavaliertrakts bilden ebenerdige Öffnungen in den Sockelbereichen des Mittelrisalits welche den Zugang zum Besucherzentrum bzw. zur Gastronomie von der Prinz-Eugen-Strasse markieren. Der linke Mittelrisalit wird ausgehöhlt und dient als Drehschreibe aller Bewegungen von der Strasse zum Garten bzw. zum Eingang des Besucherzentrums. Eine zentrale Treppe schafft den Niveauausgleich zwischen Strasse und Park, eine integrierte Rollstuhlhebebühne bietet einen barrierefreien Zugang zum Garten und zur jetzigen Wohnung. Im Endausbau – wenn die jetzt noch trennende Wohnung umgenutzt werden kann – soll über diesen Mittelrisalit auch das dann vergrösserte Tagescafé des Museums angebunden sein.
Die von der Prinz-Eugen-Strasse eintreffenden Besucherinnen gelangen durch den offenen Eingang in die geschützte ebenerdige Eingangshalle – wo sich Gruppen versammeln oder vom Informationspult Auskünfte eingeholt werden können. Durch die Sicherheitsschleuse erreichen die Besuchenden die Treppenanlage mit dem transparenten Glaslift. Das Absenken der Zwischendecke des nordseitigen Kavaliertraktes ermöglicht ein niederschwelliges Ankommen und präsentiert ein großzügiges Entree in einem historischen Ambiente. Die mit Kalkputz verkleideten Innenwände lassen ein weiches Licht in den Raum fallen, die allesamt verglasten Öffnungen lassen einen ersten Blick zum Schloss und in den Garten gewähren. Der historische Bestand und die neu hinzugefügten Elemente werden dabei über dezente bauliche Fugen sowie eine differenzierte Materialisierung sichtbar gemacht. Alt und Neu bleibt lesbar.
Über die großzügige Treppenanlage gelangt man schliesslich ins eigentliche Visitor Center mit Garderobe, Ticketschalter und Shop. Der klare und offene Raumzuschnitt der Empfangshalle mit dem in Stützen gefasstem Zentralbereich bietet den Besucherinnen eine gute Orientierung schafft genügend Platz für eine flexible Möblierung sowie Sitzgelegenheiten. Die mittige Säulenhalle kann dabei als moderne Neuinterpretation historischer Vorbilder gelesen werden, klassische Stützen mit verzierten Kapitellen werden durch schlichte geradlinige Stützen mit Kapitellen und Basen aus Lichtringen ersetzt.
Auch die flankierenden Seitenwände des Visitor Centers sind als Metapher zur Dekoration und Artikulation von Oberflächen barocker Bauwerke – mit ihrer hohen plastischen Ausgestaltung von Formen und dem Reichtum der Verzierungen – zu lesen. Großformatige Präsentationen durch deckenintegrierte Projektoren zeigen einen bildgewaltigen Vorgeschmack auf das Schloss Belvedere, die Parkanlage sowie im Depot gelagerte und gerade nicht zugängliche Exponaten des Kunstbestandes. Die Möblierungen der Garderoben, des Ticketschalters und der Verkaufspulte sollen allesamt flexibel und mobil sein, je nach Bedarf oder Veranstaltung kann die Halle freigespielt werden, die Möbel können im vorgesehenen Stauraum zwischengelagert werden. Zur besseren Wahrnehmung sind die dienenden Möbel und Infopulte in kontrastierenden Farben aus dunklem Nussholz erstellt. Die Möblierung ist generell zurückhaltend und einfach, technische Einbauten sowie zusätzliche flexible Beleuchtungselemente für die runden Shopmöbel erfolgen über die Decke innerhalb der Lichtringe.
Das Beleuchtungskonzept basiert auf einer subtilen Beleuchtung in Form von dynamischen Weisstönen die die Besuchenden vom Eingang über das Visitor Center bis in Schloss begleiten. Diese „veränderlichen Weißtönungen“ der Lichtfarbe simulieren den Tagesablauf von einem wärmen etwas gelblicherem Licht mit ca. 2500 Kelvin zu einem etwas kühleren, leicht bläulichen Tageslicht mit ca. 5500 Kelvin. Durch die Veränderung dieser Lichtfarbe der LED Leuchten können je nach Raum verschiedene Lichtszenarien abgebildet werden.
Durch die Möglichkeit, die Farbtemperatur zu ändern, kann das Licht an verschiedene Tageszeiten und Stimmungen angepasst werden, unterschiedliche Lichtszenen können mit einfachen Steuerungen dargestellt werden. Die LED-Technologie ermöglicht es warme und kühle Farbtöne zu erzeugen und diese zu mischen, um einen nahtlosen Übergang zwischen den verschiedenen Lichtfarben zu ermöglichen. So begleiten diese Lichtstimmungen auch die Besuchenden des Museums. Von aussen kommend in ein eher bläuliches Licht getaucht gelangt man in den Eingangstrakt mit seinem warmen Kunstlicht, bevor man wieder in das Visitor Center mit einem kühleren, tageslichtähnlichem Farbton abtaucht. Von dort verändert sich die Lichtfarbe den Treppen folgend wieder zum warmen Farbton der Beleuchtung des Belvedere.
Matthias Eberle,
Katharina Lorez,
Michelangelo Zaffignani
René Steinbacher